Praxisausbildung an Pädagogischen Hochschulen

Seit der Tertiärisierung der Lehrer/-innenbildung ist der Ruf, die Pädagogischen Hochschulen seinen zu „kopflastig“, immer wieder zu hören. So ist denn auch in der letzten Bildungs-Beilage der Neuen Zürcher Zeitung vom 19. Januar 2011, ein Artikel von Hans-Rudolf Schärer, Rektor der Pädagogischen Hochschule Zentralschweiz Luzern, zu lesen mit dem Titel: «Die schulische Praxis braucht ein Fundament». Schärer stellt sich darin den Vorwürfen einer politischen Partei in der Schweiz, welche in ihrem Positionspapier festhält, dass die Pädagogischen Hochschulen mit ihrer verakademisierten Lehrer/-innenausbildung das Praxisversagen vieler Lehrkräfte verstärken würden.

 

 

 

 

Bildquelle: NZZ [19.1.2011, S.9]

Nun können mit guten Gründen solche Vorwürfe für gut befunden werden 🙂 oder aber auch nicht :-(. Sicher können jedoch aussagekräftigere Urteile gefällt werden, wenn man sich etwas eingehender mit der Neupositionierung der Lehrer/-innenbildung, im Anschluss an die Überführungen der seminaristischen Ausbildungsgänge an Pädagogische Hochschulen, beschäftigt. Schärer zeigt in seinem Artikel auf, dass heutige Studierende 20-30% ihrer Ausbildungszeit direkt im Klassenzimmer verbringen (im Gegensatz zu den früher gängigen 12 bis 14 Wochen). Was bei einer zweijährigen Ausbildung „über den Daumen gepeilt“ aber in etwa gleich viel war 😉

Sicher am besten eingeführt in die Berufspraxis werden Studierende aber, wenn eine systematische Verknüpfung von Theorie und Praxis resp. von eigenen Praxiserfahrungen mit didaktischen Modellen und/oder erziehungwissenschaftlichen Thematiken stattfinden kann. Hier ist sicher der Ausspruch von Heinz Wyss “ welchen Schärer in seinem Artikel ebenfalls zitiert “, dass nämlich der Trank der Theorie dann zu vermitteln sei, wenn der Durst durch die Praxis entstehe, sehr treffend. Wann immer Studierende in der berufspraktischen Ausbildung an etwas «anstossen», das ihre Aufmerksamkeit erregt resp. sie herausfordert, dann kann eine Verbindung mit wissenschaftlich fundiertem Wissen die (Weiter-)Entwicklung der Berufskompetenz nur begünstigen. Zentral scheint mir hier, dass es dann auch möglich wird, nicht nur die eigenen Alltagstheorien (welche nicht per se falsch sein müssen!) durch die Praxis zu verstärken, sondern dass in genau solchen Momenten das noch taufrische Erfahrungswissen der Studierenden mit theoretischen Erkenntnissen ergänzt oder auch konfrontiert werden kann. Eine solche Verzahnung von Theorie und Praxis (vgl. dazu auch Stadelmann, 2006) wird aber nur dann möglich, wenn sich die berufspraktische Ausbildung zukünftiger Lehrpersonen an beiden Seiten orientiert: an der gelebten Praxis und an fundiertem theoretischem Wissen resp. aktuellen empirischen Forschungsresultaten. Dass dies den Pädagogischen Hochschulen heute sehr gut gelingt, ist nicht nur berechtigte Hoffnung, sondern hoffentlich auch gelebte Realität.

Quelle:

Stadelmann, M. (2006). Differenz oder Vermittlung? Eine empirisch-qualitative Studie zum Verhältnis von Theorie und Praxis in der Ausbildung von Lehrkräften für die Primar- und Sekundarstufe I. Bern: Haupt.

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