Kompetenzorientiertes Prüfen

Heute war ich wieder einmal mit einem „alten“ Thema unterwegs, nämlich dem kompetenzorientierten Prüfen resp. den Grundanforderungen welche an Leistungsnachweise in modularisierten Studiengängen gestellt werden An der Hochschulkonferenz der Eidgenössischen Technischen Hochschule Magglingen konnte ich diesen Vormittag zuerst ein Referat halten und danach mit einer Gruppe von Studiengangsleitenden und Modulverantwortlichen des Bachelorstudienganges Sport bezüglich einer sinnvollen Umsetzung von kompetenzorientierten Leistungsnachweisen diskutieren.

Das Thema ist deswegen „alt“, weil ich die Broschüre, aufgrund welcher dieser Austausch zustande kam, bereits im Jahre 2007 für die Hochschuldidaktik der Universität Zürich verfasst habe. Ich nahm diesen Auftrag deshalb gerade als Anlass, die wichtigsten Dinge zu überarbeiten und mit aktuelleren Quellen zu fundieren. Die Darstellung der gesamten Problematik anhand eines Regelkreises behielt ich aber bei, da mir scheint, dass damit zentrale Referenzpunkte angesprochen werden, sei es auf Dozierenden- als auch auf Studierendenseite. Nachfolgend die überarbeiteten Folien:

Was mir vor allem gefiel an der Diskussionsrunde, waren die spannenden Fragen, welche gestellt wurden. So ging es beispielsweise um die Unterscheidung von Performanz und Kompetenz bei Leistungsnachweisen, um sinnvolle Systematisierungen bei den überfachlichen Kompetenzen, um die Fremdbeurteilung durch Studierende oder um die Präferenz von Lernaufgaben gegenüber Testaufgaben bei Leistungsnachweisen. Ein spannendes Feld!

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Nachtrag vom 29.6.2011: Gerade kam mir wieder ein alter Newsletter der Hochschuldidaktik in die Finger, welchen Balthasar Eugster und ich im Jahr 2010 verfasst haben. Schon damals haben wir uns die Frage gestellt, was es denn genau mit der Komptenzorientierung auf sich hat. Hier einen Auszug daraus:

Mit Kompetenzorientierung handelt sich die Hochschuldidaktik einiges ein. Das Schlagwort kann zu einem etwas vollmundigen Gebrauch verleiten, der mehr verspricht, als er halten kann. Wer sich auf Kompetenzen hin orientiert, muüsste eigentlich wissen, was Kompetenzen sind. Doch selbst die Fachliteratur tut sich schwer mit einer präzisen und einheitlichen Definition. Der oft zitierte Definitionsversuch des Psychologen Franz Weinert zeigt die Schwierigkeiten exemplarisch. Wenn er Kompetenzen beschreibt als die bei Individuen verfuügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können (Weinert, 2001, S. 27f.), dann ist nicht umfassend geklärt, inwiefern die erwähnten motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten notwendige Bedingungen fuür das Vorliegen fuür Kompetenzen sind. Dadurch, dass viele Facetten Kompetenz ausmachen wie die Abbildung 1 von Prof. Katharina Maag Merki zeigt, wird der Begriff auch nicht fassbarer. Zudem wird auch in der Literatur der Zusammenhang “ was alles notwendige Bedingungen fuür das Vorliegen fuür Kompetenzen sind “, kontrovers diskutiert (siehe etwa bei Hartig, 2008; oder Kaufhold, 2006).

Abbildung1 : Facetten von Kompetenz (Klieme, 2003)

 

Dass solche Fragen nicht nur theoretische Spitzfindigkeiten, sondern echte hochschuldidaktische Herausforderungen sind, haben wir kuürzlich wieder einmal an einem ganz alltäglichen Beispiel bemerkt. Beim Erstellen eines Merkblattes zum didaktischen Umgang mit Kompetenzen waren wir uns nicht so sicher, ob es bereits eine Kompetenz darstellt, in einem sozialwissenschaftlichen Studiengang zentrale empirische Forschungsmethoden in ihren Grundzuügen erklären zu können. Wo also ist der Übergang von einer Fähigkeit/Fertigkeit zu einer Kompetenz? Wie komplex muss eine Tätigkeit sein, damit ihr eine echte Kompetenz zugrunde gelegt werden kann? Und: Kann man erst von Kompetenzen sprechen, wenn diese auch im Tun ihre Anwendung finden? Bei einem eher weiten Kompetenz-Verständnis wären beinahe alle nach gewissen Konstruktionsregeln formulierten Lernziele auch Kompetenz-Ziele. Eine engere Begriffsdefinition wiederum macht differenzierte Beschreibungen von verschiedenen Handlungsaspekten nötig, die womöglich an den Alltagsmöglichkeiten der Lehrrealität vorbeizielen. So haben wir fuür den (hochschul-)didaktischen Alltag den eventuell zu pragmatischen Schluss gezogen, dass es – um bei obigem Beispiel zu bleiben – bereits eine Kompetenz darstellt, einen Sachverhalt erklären zu können. Das dazugehörige Lernziel wuürde demzufolge bereits Kompetenzorientierung im Fokus haben. Diese Entscheidung ist uns nicht ganz leicht gefallen, wird damit doch auch einiges Potenzial des Kompetenzbegriffs aufgegeben. (Eugster & Futter, 2010, S. 2 | Newsletter der Hochschuldidaktik 1/2010).

Vielleicht haben Sie ja eine ganz andere Sicht auf diese didaktische Herausforderung? Dies würde mich natürlich sehr interessieren!

Nachtrag vom 5. November 2013:

Bezüglich Kompetenzorientierung hat die PH Zürich vor einiger Zeit eine eigene Themenseite aufgeschaltet. Dort finden sich – nebst vielen Beispielen zu kompetenzorientiertem Unterricht – auch einige Artikel, Hinweise und Links zum Thema. Aus einem Handout zu einem Vortrag von Hilbert Meyer stammt folgende Abbildung, welche den Unterschied zwischen Performanz und Kompetenz einfach darstellt.

Bildschirmfoto 2013-11-05 um 14.47.53

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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