Jahrestagung der SGL

Am 11. März 2016 hat die SGL (Schweizerische Gesellschaft für Lehrerinnen- und Lehrerbildung) eine Jahrestagung zum Thema Professionalität und Identität von Dozierenden in der Lehrerinnen- und Lehrerbildung durchgeführt. Tagungsort war die Universität Fribourg. Hier einen Auszug aus dem Ausschreibungstext:

Die Funktionen, notwendigen Kompetenzen und das Selbstverständnis der Dozierenden in der Lehrerinnen- und Lehrerbildung sind in der Schweiz seit den 70er Jahren zwar immer wieder thematisiert worden, ohne dass jedoch ein systematischer Diskurs zur Professionalität der Dozierenden geführt und ein anerkanntes Kompetenzprofil erarbeitet worden ist. Im Gegensatz zu den USA, Grossbritannien und den Niederlanden wird bei uns zu diesem Thema auch nicht geforscht. Dementsprechend wissen wir kaum, als was sich die Dozierenden primär verstehen: als Ausbildende, als Fachexpertinnen und -experten, als Weiterbildnerinnen und Weiterbildner oder als Forschende. Es besteht ebenfalls wenig Wissen darüber, wie die Dozierenden ihre Doppelfunktionen von Lehre und Praxisbegleitung oder Lehre und Forschung wahrnehmen und erfüllen, welche Qualifikationen für diese Aufgaben aus den Studien und Berufserfahrungen stammen und welche sie sich autodidaktisch erarbeiten.

Es wurden drei interessante Referate angeboten. Den Auftakt machte Prof. Dr. Mieke Lunenberg von der VU University of Amsterdam. Sie referierte zum Thema: The learning teacher educator und stellte Ergebnisse ihrer Reviewstudie (Lunenberg, M., Dengerink, J., & Korthagen, F. (2014). The professional teacher educator: Roles, Behaviour, and Professional Development of Teacher Educators. Rotterdam: Sense Publishers) vor. Die Forschungsgruppe führte ihre Literaturrecherche bei Web of Knowledge, Science Direct und Tandfonline mit den Suchbegriffen teacher educator, teacher trainer und mentor teacher für die Jahre 1991-2011 durch und identifizierte 1262 Artikel. Davon wurden 405 systematisch ausgewertet. Aufgrund dieser Analysen konnten sechs Rollen identifiziert werden:

  • Teacher of teachers,
  • Researcher,
  • Coach,
  • Curriculum developer,
  • Gatekeeper (responsible for admission to the teaching profession), and
  • Broker (responsible for the connection between school and teacher education institute)

In der Diskussion kam die Frage, ob es nicht auch noch die Rolle des Managers gäbe für all diejenigen Lehrerinnen- und Lehrerbildner, die Leitungsfunktionen ausüben. Diese Rolle wurde aber in den untersuchten Studien nicht erwähnt, weshalb sie auch nicht aufgenommen worden ist.

Das nachfolgende Referat war von Dr. Valérie Lussi Borer von der Université de Genève. Sie sprach zum Thema Professionnalisation des formateurs d’enseignants: entre expertise didactique/pédagogique et accompagnement du développement professionnel. Enjeux en Suisse romande et en France. Sie zeigte auf, wie sich die Professionalisierung der Lehrerbildnerinnen und Lehrerbildner in der Westschweiz und Frankreich etablierte. Interessant fand ich, dass in der Westschweiz zwischen 2006 bis heute bereits fünf Mal ein MAS angeboten wurde und insgesamt 70 Personen diesen absolvierten. Momentan findet jedoch der letzte Durchgang statt und es wird in Zukunft keinen MAS, sondern nur noch einen CAS geben zum Thema Mettre en oeuvre les compétences professionelles des formateurs denseignants, welcher stärker auf die Fachdidaktik ausgerichtet sein wird. In Frankreich gibt es eine Internet-Plattform für Lehrerbildner/-innen: http://neo.ens-lyon.fr/neo mit viel Videomaterial.

Am Nachmittag referierte Prof. Dr. em. Johannes Mayr von der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt zum Thema Was Lehrerbildner/innen interessiert: Befunde aus der Schweiz, Deutschland und Österreich. Die Forschungsgruppe befragte 447 Lehrerbildner/-innen aus den drei Ländern bezüglich ihrer allgemeinen und berufsspezifischen Interessen. Es zeigten sich unterschiedliche Interessenprofile in Abhängigkeit von der ausgeübten Funktion. So zum Beispiel ein höheres intellektuell-forschendes Interesse bei Forschenden und ein stärkeres Interesse am Beraten bei Mentorinnen und Mentoren. Die Gruppe folgert daraus, dass die einzelnen Funktionen den Befragten umso attraktiver erscheinen, je ausgeprägter ihr Interesse an der mit der Funktion verbundenen Tätigkeitsbereichen ist (vgl. auch Mayr, Gutzwiller-Helfenfinger, Krammer, Nieskens, 2015, S. 319). Interessant fand ich die Feststellung, dass eine zu grosse Ähnlichkeit in der Interessensstruktur auch problematisch werden könnte. So ähneln z.B. die Interessen der hauptsächlich als Dozierende tätigen Lehrerbildnerinnen und -bildnern stark jenen von Lehrkräften an Schulen. Dies kann die Akzeptanz von hochschulischen Lehrangeboten durch die Studierenden und die Lehrpersonen in der Fortbildung verbessern, birgt aber “ laut der Forschungsgruppe “ auch die Gefahr, sich zu rasch auf eine gemeinsam bedingte Sicht von Lernen und Schule zu verständigen (vgl. ebd., S. 330).

Leider konnte ich bei der Schlussdiskussion nicht mehr dabei sein, aber mir scheinen die auf dem Tagungsflyer aufgelisteten Punkte zentral und bedürfen in Zukunft sicher der sorgfältigen Klärung: (1) Wie nehmen die Dozierenden in der Lehrerinnen- und Lehrerbildung ihre Aufgaben wahr? (2) Mit welchen Herausforderungen werden sie konfrontiert? (3) Welche Ausbildungen bringen sie mit? (4) Welche Aus- und Weiterbildungen sind nötig? und (5) Welche beruflichen Perspektiven stehen ihnen offen?

 

 

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