EARLI 2009 | Teil 3

Ein weiteres “ und letztes “ Symposium der EARLI 2009 Tagung in Amsterdam, über welches ich hier gerne berichte, trug den Titel: Teachers Competences: Modeling, measuring and enhancing basic competences of teachers und war der Kategorie Continuing professional development in Teachers zugeordnet. In der Einführung für alle vier Referate hiess es:

Lehrpersonen müssen verschiedenste Kenntnisse besitzen, um die anspruchsvollen Aufgaben zu bewältigen, die ihr Beruf verlangt. Sie werden mit neuen und großen Anforderungen konfrontiert, die das bloße Unterrichten überschreiten. Neue Metaanalysen (Hattie, Lipowky, 2006) haben gezeigt, dass 30 % des Lernens der Schüler/-innen mit der Lehrperson, ihrer Befähigung und ihrem Handeln verbunden werden.

So steht weiter:

Teacher education isn’t able to provide enough knowledge and deliberate practice for getting experts in these various competences yet. So there’s a special need to explore the structure as well as the development of these skills to do justice to the complex profession of teaching.

Das Symposium zielte also darauf, Modelle vorzustellen, wie Kompetenzen von angehenden Lehrpersonen gefördert werden können, um dadurch ein besseres Verständnis für die Voraussetzungen des Lehrberufs und die notwendigen Kompetenzen zur Ausführung desselben zu erhalten.

Zwei Referate stelle ich nachfolgend detaillierter vor:

Predicting Teachers Counselling Competence “ A Latent Regression Analysis

Simone Bruder, Silke Hertel, Bernhard Schmitz und Julia Klug

Das Beraten von Eltern und Schülerinnen und Schülern ist eine tägliche Aufgabe von Lehrpersonen in der Schule. Deshalb kann es als ein Schlüsselaspekt der Berufsbefähigung von Lehrpersonen betrachtet werden. Das Ziel der vorgestellten Studie war die Untersuchung der Gültigkeit von Instrumenten, die eingesetzt werden, um die Beratungskompetenz von Lehrpersonen zu messen. So wurde eine Vignette erstellt, um die Beratungskompetenz, gekoppelt mit dem tatsächlichen Verhalten in Beratungssituationen, messen zu können. Außerdem wurde die Beratungskompetenz mit einem Selbstbericht und einem Kenntnis-Test erfasst. Um zu untersuchen, ob die Vignette gültige Auskunft bezüglich der Beratungskompetenz gibt, wurden latente Regressionsanalysen durchgeführt. Gestützt auf  theoretisches und empirisches Grundlagenwissen, konnten sodann fünf Dimensionen der Beratungskompetenz angenommen und in die Bewertung eingeschlossen werden:

  • Cooperation-Competence,
  • Conversation-Skills,
  • Counsellor-Skills,
  • Diagnostic-Competence and
  • Coping-Competence.

Daten von 141 Grundschul-Lehrpersonen wurden alsdann gesammelt und es konnte gezeigt werden, dass für den Selbstbericht sowie für die Vignette, diese fünf Dimensionen eine bedeutsame Erklärung zur Aufklärung der Varianz des latenten Faktors „Beratungskompetenz“ liefern. Weitere Analysen zeigten zudem, dass die mit der Vignette gemessene Beratungskompetenz, durch die von den Lehrerpersonen selbst berichtete Beratungskompetenz, vorausgesagt werden kann.

So bilanzieren die Autorinnen und der Autor:

The results of our study show that counselling competence measured with the vignette can be validated with the self-report. The instruments can be administered to examinate a structure equation model of counsellig competence. Further research should concentrate on developing a hierarchical model of counselling competence that enables the investigation of counselling-competence developement in the teacher career. Training programmes for pre-service-teachers and teachers in the sense of the aptitude-treatment-interaction can be developed on the basis of the model.

Diese Forschergruppe hat also noch viel vor! Gerne hätte ich im Referat noch mehr über den gewählten theoretischen und empirischen Hintergrund der einzelnen Dimensionen erfahren.

Observe “ Developing an instrument for the measurement of pedagogical-psychological competence of student teachers

Katharina Schwindt, Tina Seidel, Geraldine Blomberg, Kathleen Stuermer

Eine etwas anders angelegte Studie ist die von Schwindt et al. vorgestellte. Die Anwendung von theoretischen Wissen im Klassenzimmer ist, laut den Autorinnen, ein zentraler Aspekt der pädagogisch-psychologischen Kompetenz von angehenden Lehrpersonen. Um diese Kompetenz zu messen, wurde im Projekt Observe ein computerbasierter Test entwickelt. Dadurch wurde es möglich, dieses „Konstrukt: Pädagogisch-Psychologische Kompetenz von angehenden Lehrpersonen“ in einem standardisierten Verfahren zu erheben.

The test contains videoclips of authentic classroom situations in several subjects and phases of instruction. The videoclips have to be rated with regard to the description, prediction and explanation of effects of teaching components on student learning (Hervorhebung, KF).

Weiter ist im Abstact nachzulesen:

In the project, two questions are focused: First, it is investigated to what extend it is possible to scale the focused pedagogical-psychological competence of classroom observation (description, prediction, explanation). Second, the possibility to assess different levels of competence is analyzed. To investigate these two research questions, different subsamples are tested with the instrument: Student teachers at the beginning (n=80), in the middle (n=80) and to the end (n=80) of their studies, as well as teachers with professional experience (n=80) out of different working positions. The results show that videoclips of authentic classroom situations have a large potential for the situational and contextual diagnosis of teacher competencies.

Es geht also einerseits um die Messung der pädagogisch-psychologischen Kompetenz bei der Beobachtung (Beschreibung, Vorhersage und Erklärung) von Unterricht und  andererseits wurde untersucht, ob unterschiedliche Ausprägungen dieser Kompetenz bei zukünftigen Lehrpersonen festgestellt werden konnten.

Die Autorinnen argumentieren, dass allgemeine Kenntnisse über das Unterrichten und das Lernen wichtige Aspekte der pädagogisch-psychologischen Ausbildung von Lehrpersonen sind und diese auszubilden auch das Kerngeschäft der Lehrerbildung sei. Wenn nun zukünftige Lehrpersonen im Klassenzimmer stehen, müssen sie ihre theoretischen Kenntnisse über das Unterrichten und das Lernen in echte Klassenzimmer-Anwendungen transferieren können. In der Lehrerbildung existierten zwar Annahmen über die Struktur und die Entwicklung von dieser Lehrkompetenz. Es mangle jedoch an zuverlässigen und gültigen diagnostischen Werkzeugen die hälfen, diese Kompetenz auch zu bewerten. Deshalb ist es erklärtes Ziel des Projekts „Observe“, ein standardisiertes, aber doch in einen Kontext gesetztes Instrument auf seine „Tauglichkeit“ zu überprüfen.

Interessant ist, was die Autorinnen genau unter „Pädagogisch-Psychologischer Kompetenz“ verstehen resp. wie sie diese operationalisiert haben:

For our research pedagogical-psychological competence means to discover relevant aspects of teaching-learning processes in authentic classroom situations. This requires to apply theoretically based knowledge to situational tasks.With regard to relevant aspects of teaching-learning processes we focus on three basic classroom conditions that have been shown as relevant for student learning (Seidel et al., 2006): (1) Goal clarity and coherence (teaching and learning goals, students tasks) (2) Teacher support (open questions, supportive feedback) (3) Learning climate (positive atmosphere).

An der Tagung präsentierten sie erste Ergebnisse der Studie, welche bestätigen, dass mit diesem Instrument tatsächlich die besagte pädagogisch-psychologische Kompetenz gemessen werden kann.

Für mich blieben bezüglich dieses Präsentation, neben sehr interessanten Anregungen, jedoch auch einige Fragen offen. Weshalb zum Beispiel wurden die drei Basisbedingungen „Zielorientierung“, „Untersützung“ und „Lernklima“ gewählt? Ich habe mir die Mühe gemacht den besagten Artikel von Seidel et al. aus dem Jahre 2006 zu lesen. Wenn ich richtig recherchiert habe, konnten damals aus den Ergebnissen der IPN Videostudie fünf Bereiche identifiziert werden, welche für das Lernen besonders relevant seien: (1) Klassenorganisation, (2) Zielorientierung, (3) Lernbegleitung, (4) Fehlerkultur und (5) Rolle der Experimente. Der letzte Punkt ist so zu verstehen, dass die Studie den Physikunterricht an der Sekundarstufe untersuchte und im Fach Physik Experimente sehr wichtig sind. Mich würde nun sehr interessieren, weshalb genau die drei oben genannten Bedingungen gewählt wurden um pädagogisch-psychologische Kompetenz zu beschreiben und keine anderen.
Zudem bin ich “ gemeinsam mit Hans Gruber, dem Diskutanten “ der Auffassung, dass eine Schwierigkeit darin besteht, wer oder was einen „expert teacher“ definiert. Denn: How can the danger of circular argumentation be avoided?

Da bin ich auf die Veröffentlichung des Artikels zum Referat sehr gespannt!

Seidel, T., Blomberg, G., Stürmer, K. (in prep). Observe “ Validierung eines videobasierten Instruments zur Erfassung der professionellen Wahrnehmung von Unterricht. Zeitschrift für Pädagogik (Sonderheft).

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