Lernkulturen an Hochschulen

Per Zufall stiess ich auf einen neuen Forschungsschwerpunkt des Institutes für Wirtschaftspädagogik der Universität St. Gallen:

Im Rahmen des Forschungsschwerpunkts „Lernkulturen an Hochschulen“ bearbeiten am Institut für Wirtschaftspädagogik drei DoktorandInnen (Jenny Dommen, Thema: Prüfungskulturen an Hochschulen; Anja Gebhardt, Thema: Entwicklung eines Inventars zur Erfassung von Lernkulturen an Hochschulen und  Tobias Jenert, Thema: Studienprogramme gestalten?! Zum Einfluss der Gestaltung von Studienkontexten auf die Studienorganisation) Forschungsfragen im Themenbereich Lernen und Lehren an der Hochschule. Gefördert werden die Projekte durch den Schweizerischen Nationalfonds (SNF) im Rahmen des Pro*Doc-Programms.

Mit Interesse las ich das diesen drei Arbeiten zugrunde liegende Verständnis von Lernkulturen an Hochschulen (Download hier) mit dem Zusatztitel: Theoretische Überlegungen zur Betrachtung studentischen Lernens unter individueller, pädagogischer und organisatorischer Perspektive. Das Ziel des Artikels beschreibt die Autorenschaft so, dass es um eine konzeptuelle Begriffsbestimmung des Konstrukts Lernkulturen an Hochschulen geht, das einerseits umfassenden Charakter besitzt und andererseits den spezifischen Gegebenheiten des Lernortes Hochschule Rechnung trägt (vgl. ebd., S.5). Dies alles basierend auf dem Hintergrund, dass sich in verschiedenen Bereichen des Bildungssystems ein Wandel der Lernkulturen vollzieht resp. die Schaffung neuer Lernkulturen gefordert wird (vgl. dazu die Schlagworte wie „Kompetenz- und Outputorientierung“ oder „Shift from Teaching to Learning“.

Weiter wird argumentiert, dass sich Strukturen nicht um ihrer selbst willen verändern, sondern dass es letztlich immer das Ziel sei, Lernkulturen der Hochschulen im Allgemeinen und das Lernen der Studierenden im Speziellen zu beeinflussen. So ermögliche es das Konstrukt der Lernkultur, auch solch „neues“ Lernen an Hochschulen mit einzubeziehen und bilde damit einen Ausgangspunkt für eine ganzheitliche Analyse und Gestaltung zielwirksamer Lehr-Lernkontexte. Deswegen setzen sich die Autoren das Ziel, ein geeignetes Lernkulturkonstrukt zu definieren, welches die Erfassung bestehender Lernkulturen auch erlaubt.

Die Definition ist lang und meint zusammengefasst in etwa, dass das Konstrukt „Lernkultur“ die Dimensionen „Organisation“, „pädagogische Interaktion“ und „Individuum“ umfasst. Die Lernkultur zeigt sich im Lernhandeln des Einzelnen sowie im Interaktionshandeln zwischen Lehrenden und Lernenden in formal gestalteten Lehr-Lernumgebungen. Zudem ist das Lernen ist eingebettet in Rahmenbedingungen, welche im Organisationshandeln von Hochschulangehörigen gestaltet werden. Die Autoren beschreiben für alle drei Dimensionen (pädagogisch-interaktional, individuell und organisational) insgesamt 37 Indikatoren mit unterschiedlichen Ausprägungen (vgl. ebd., S. 34ff.). Diese Indikatoren erlauben laut den Autoren einen breiten Zugang zum Phänomen Lernkultur und ermöglichen es, Erklärungen und Gestaltungsansätze zu identifizieren.

Sicher gelingt es den Autoren dadurch, eine ganzheitlichere Perspektive auf Lernkulturen an Hochschulen zu erreichen und man kann auf die weiteren Arbeiten dieser Gruppe gespannt sein. Persönlich würde ich wahrscheinlich die Dimension „Organisation“ nicht allzu weit fassen. Also nicht eine ganze Hochschule miteinbeziehen, sondern eher ein Institut. Denn der Unterschied in der Ausprägung von Lernkulturen zwischen den einzelnen Instituten (vor allem bei grossen Universitäten) scheint mir wesentlich grösser zu sein als zwischen den Hochschulen.

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